Rezension „Der Pflegefall“ von Oilivia Monti
In knapper, klarer Sprache beschreibt Olivia Monti das bedrückende Zusammenleben vierer Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen aufeinander angewiesen sind. Der reiche Hausherr Brunt ist ein schwieriger Pflegefall, der vom Haushälterehepaar und seiner Pflegerin – der Ich-Erzählerin – betreut wird. Brunt ist unleidlich und trotz seiner körperlichen Schwäche bedrohlich, das Ehepaar auf seltsame Weise an ihn gebunden, die neue Pflegerin vom Leben gebeutelt, ängstlich und ohne Selbstvertrauen.
Es gelingt der Autorin sehr gut, das Bild dieser kleinen Gemeinschaft zu zeichnen, die von Abhängigkeit, Abneigung und düsteren Geheimnissen geprägt ist. So weit, so glaubhaft, so übel.
Was dem Leser ein wenig abgeht, ist eine Figur, mit der er mitempfinden kann, die seine Sympathie erregt. Die Ich-Erzählerin wäre prädestiniert dafür, doch sie wirkt über weite Strecken wie gelähmt. Die Ursachen für ihre Schwäche werden nur vage angedeutet, sie bleiben zu unklar, um echtes Mitgefühl zu entwickeln.
Die Handlung nimmt ihren Lauf, überraschende Wendungen bleiben rar. Am Ende denkt man: Ja, durchaus vorstellbar, dass sich so etwas in der Realität abspielt. Die Realität ist eben häufig ernüchternd. „Der Pflegefall“ ist in diesem Sinn auch kein unterhaltsames Buch, sondern ein Spiegel menschlicher Unzulänglichkeit, in dem Heldinnen und Helden bekanntlich eher selten vorkommen – und wohl gerade deshalb lesenswert.
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