Der blaue Hammer

‚Der blaue Hammer‘ von Ross Macdonald

Ein Bild verschwindet und Lew Archer tritt auf. Archer ist der Detektiv als einsamer Wolf, die typische Figur einer glanzvollen Epoche amerikanischer Krimiliteratur. Der unbestechliche, freie Ritter im ständigen, latenten Gegensatz zu den offiziellen Gesetzesvertretern, die auch rechtschaffen sein können, aber stets – und manchmal in bedrückendem Ausmaß – auf politische Opportunitäten Rücksicht nehmen müssen, weil sie ganz unmittelbar davon abhängen. Eine Besonderheit des amerikanischen Rechtssystems, das Konflikte vorprogrammiert.
Macdonalds Plot reicht vom Kalifornien und Arizona der 70er-Jahre bis zum Ende des zweiten Weltkriegs zurück, als ein Soldat und Maler erschlagen in der Wüste aufgefunden wird. Sein Halbbruder, ebenfalls Maler, übersiedelt umgehend nach Santa Teresa und entwickelt sich dort binnen sieben Jahren zu einer Berühmtheit. Dann verabschiedet er sich mit einem Brief von seiner Frau und ward nicht mehr gesehen. 25 Jahre bevor Archer einen Kunstdiebstahl aufklären soll.
Der Autor hat die Vorzüge vieler amerikanischer Schriftsteller: er ist nicht geschwätzig, er weiß zwischen wichtig und unwichtig zu unterscheiden, die Dialoge sitzen.
Neben der Story fesselt sein teils mitfühlender, teils neutraler Blick auf die Figuren, die das Buch bevölkern. Sie fühlen sich sehr spezifisch amerikanisch an – kein Wunder, könnte man sagen, ist ja ein amerikanischer Roman. Was ich meine, ist aber diese Härte, die sie in sich tragen, Frauen nicht minder als Männer. Eine Härte und kalte Berechnung neben vielen unterdrückten Ängsten, die in europäischen Krimis in dieser Mischung kaum zu finden ist.
Das mag an den Autoren liegen. Ich glaube, es liegt tiefer: an einer in vielen Nuancen freieren, selbstbewussteren, radikaleren Gesellschaft, an anderen Begriffen von Wettbewerb und Durchsetzung, die die Menschen prägen. Das Ergebnis ist nicht immer erfreulich und Ross Macdonald zeigt es auf sehr spannende Weise, ohne dabei den moralisierenden Zeigefinger zu erheben.
Ein echter Krimi-Klassiker.


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